Elektronik für intelligente Hirnspatel
Motivation
Operative Eingriffe am Gehirn sind mit hohen Risiken verbunden. Sie ergeben sich vor allem durch die Schädigungen an Geweben (Hirngewebe, Nerven, Gefäße) in unmittelbarer Nachbarschaft der Operationsstelle oder auf dem Weg dorthin. Die Entwicklung intelligenter neurochirurgischer Instrumente zählt daher zu den Zielen des Netzwerks Personalisierte Neurochirurgie ZEREPRO und soll die Risiken für Patienten verringern.
Ziel
Im Forschungsprojekt HIST übernehmen drei Projektpartner die Entwicklung eines neuartigen „intelligenten“ Hirnspatels mit integrierter Sensorfunktion zur Erfassung der mechanischen Krafteinwirkung auf das Hirngewebe und zur Signalgabe bei drohender Hirngewebsschädigung
- Sensorik zur Messung der Krafteinwirkung – Micro-Hybrid Electronic GmbH
- Medizinische Projektbetreuung - Universität Leipzig, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie
- Datenauswertung und -visualisierung -Westsächsische Hochschule Zwickau, Fakultät Physikalische Technik/Informatik
Der an den Spatel angeschlossene Sensor soll während der Operation Daten erheben, die mittels der Auswertung und Visualisierung dem Chirurg für das akute Patientenmonitoring und der nachträglichen OP-Dokumentation zur Verfügung stehen.
Die Daten sollen zur Qualitätssicherung und Risikominimierung für zukünftige neurochirurgische Eingriffe nutzbar gemacht werden können. Durch die Kopplung mit dem ergänzenden Anschlussprojekt OXYPRO soll das Spatel-System mit der Messung der Blutsauerstoffsättigung des Parenchyms ergänzt werden. Damit wird das Risiko postoperativer Schäden zusätzlich minimiert.
Das intelligente Hirnspatel-System bietet viel Potential für die positive Beeinflussung von Qualität und Patientensicherheit zukünftiger neurochirurgischer Eingriffe am Gehirn.
Herausforderung
Der Fokus des Projekts liegt zum einen auf der Anpassung eines geeigneten Spatel-Designs (Dicke, Form, Material, Biegsamkeit etc.) im Sinne des Neurochirurgen. Die Sensorik muss sowohl die geforderte Messgenauigkeit liefern als auch ausreichend robust für die Messumgebung bzw der Sterilisationsprozesse sein. Für die Messung der Krafteinwirkung durch eine Elektronik muss sichergestellt sein, dass keine Störgrößen die Messung beeinflussen können und zuverlässige Messdaten an die Auswerteeinheit übermittelt werden.
Die aktuelle Herausforderung in der Forschung auf dem Gebiet der Neurochirurgie ist jedoch vor allem die fehlende Datengrundlage um sichere Aussagen und Grenzwerte über die Auswirkungen von Kräften auf das Hirngewebe treffen zu können.
Lösung
Die Entwicklungsingenieure Karl-Heinz Suphan und Matti Becker, sowie insgesamt 2 Masteranden haben für diese hohen Anforderungen eine einfach geniale Lösung entwickelt. Die Basis dafür bildet der modulare Aufbau des Systems.
Für die Messung der Kraft wurde eine elektronische Schaltung mit 5 Dehnungsstreifen entwickelt. Damit die Krafteinwirkung des Hirnspatels direkt auf die Dehnungsmessstreifen übertragen werden kann, wurden diese auf eine Folie aufgebracht, die nur teilweise fixiert ist.
Die folgenden Abbildungen zeigen den Aufbau des entwickelten Systems im sogenannten Validierungssetup.
- A – Sensorbox mit Drucksensoreinheit
- B – Spannungsversorgung und Datenaufbereitung
- C – Hirnspatel mit Arretiervorrichtung
- D - Kugelgelenkarm
Ein Lösungsansatz für die Entwicklung einer entsprechenden Datenbasis zur Beurteilung der Auswirkungen von interoperativen Belastungen soll mit dem Folgeprojekt OXYpro entwickelt werden. Durch eine zusätzliche Messung der Blutsauerstoffsättigung durch einen Pulsoxymetrie-Sensor, welcher auch von Micro-Hybrid entwickelt wird, können unmittelbare Rückschlüsse auf die Versorgungssituation des Hirngewebes bei bestimmten Drücken geschlossen werden.